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Kalkwerk Lengefeld


Das Kalkwerk Lengefeld mit seinem Umfeld ist ein wichtiges Naturdenkmal, das gleichzeitig eine bemerkenswerte Naturausstattung, einen produzierenden Betrieb und ein technisches Denkmal an einem gemeinsamen Ort repräsentiert. Mitarbeiter des Museums Kalkwerk, in dem neben der Geschichte des Kalkabbaus auch das Leben der Kalkarbeiter und die Rolle des Kalkwerks als Versteck von Bildern der Dresdner Gemäldegalerie 1945 dargestellt sind, vermitteln im Sommerhalbjahr durch Führungen auf die Bruchsohle einen Einblick in die Flora.

Der Dolomitmarmor von Lengefeld entstand aus marinen Ablagerungen im Unteren Kambrium in den tieferen Schichten der Erdkruste. Auf Grund tektonischer Hebungsvorgänge befindet er sich heute nur in geringer Tiefe. Das Vorkommen ist bei der Suche nach Erzen entdeckt worden. Der Dolomitmarmor enthält etwa 30 verschiedene Mineralien, darunter Pyrit, Bleiglanz und Zinkblende. Mehrere Jahrhunderte lang wurde hier "Kalk", wie das Gestein landläufig genannt wird, gewonnen und gebrannt. Die Augustusburg und die Stadtmauern in Marienberg und Freiberg sind mit Kalk aus Lengefeld gebaut worden. Heute wird das Gestein nur zerkleinert, in verschiedene Korngrößen sortiert und in der Putz- und Betonsteinindustrie, für Farbpigmente und in der chemischen Industrie verwendet. Seit etwa 1960 erfolgt der Abbau auf mehreren Sohlen ausschließlich untertage.

Dadurch hat die Natur im ehemaligen Tagebau Ruhe und kann sich entwickeln. Über mehrere Jahrzehnte ist hier ein einzigartiges Vorkommen des Gefleckten Knabenkrauts entstanden. Naturfreunde, die den Bestand kontrollieren, zählen seit einigen Jahren über 4000 blühende Pflanzen. Der für Sachsen einmalige Standort muss aber gepflegt werden. Wäre das nicht der Fall, würden sich auf der Bruchsohle Birken, Ahorne und Fichten ansiedeln, einen Mischwald bilden und die Orchideen weitgehend verdrängen. Der physikalisch unreife Boden bietet auch anderen Pflanzen Existenzmöglichkeit. Außer dem Knabenkraut gibt es hier noch weitere Orchideen: das Große Zweiblatt, das Breitblättrige Knabenkraut, zwei Sitterarten, die Vogelnestwurz, das Bleiche Waldvöglein und, in wenigen Exemplaren im Umfeld des Kalkwerks, die kleine zierliche Korallenwurz.


Massenbestand der Gefleckten Kuckucksblume

große Rarität: der kleine Korallenwurz

Eine ganze Reihe von Farnpflanzen kommen ebenfalls vor. Das sind der Breitblättrige Dornfarn, der Gewöhnliche Wurmfarn, Buchenfarn und Eichenfarn, der seltene Rippenfarn, der Zerbrechliche Blasenfarn und, direkt auf Kalk unten im Bruch, der Grüne Streifenfarn. Im Laubwald des Umfeldes findet man Pflanzen, die die nährstoffreichen Böden der Laubwälder lieben, wie Sanikel, Christophskraut, Mittleres, Großes und Alpen-Hexenkraut, Ährige und Schwarze Teufelskralle. Und natürlich fehlen auch Gräser, Seggen, Simsen und Binsen nicht, wovon nur wenige Arten genannt sein sollen: Hain-Rispengras und das selten gewordene Gewöhnliche Zittergras, Zittergras-Segge und Wiesen-Segge, Vielblütige Simse und Flatter-Binse.

Etwas Sorge bereitet den Naturschützern die heute sehr schnelle Ausbreitung einer großen Staude mit eindrucksvollen großen Korbblüten, der Telekie. Sie stammt aus dem Kaukasus und ist vermutlich von einem ehemaligen Besitzer des Kalkwerks im Garten angepflanzt worden und seitdem verwildert.


Telekie, ursprünglich in Südosteuropa zuhause

Einen besonderen Reichtum weist das Gebiet auch an blütenlosen Pflanzen auf, was darauf zurückzuführen ist, dass im Untergrund Kalk vorkommt, im Umfeld aber saures Gestein ansteht. In manchen Jahren sind die Perlpilze und Maronen häufig. Auch Steinpilze und Pfifferlinge kommen wieder in größerer Anzahl vor. Der Fachmann findet auch Seltenheiten wie den Vierstrahligen Fichtenerdstern. Eine große Anzahl an Moosen und Flechten vervollständigt die Flora.

Was die Tierwelt betrifft, so muss hier vor allem die Bedeutung der Höhlen des Kalkwerks und besonders des etwa einen Kilometer nördlich davon gelegenen alten Kalkbruchs "Weißer Ofen" als Winterquartier für Fledermäuse hervorgehoben werden. Sechs Arten verbringen hier die kalte Zeit des Jahres. Bei feuchter Witterung fallen die vielen Weinbergschnecken auf, die hier den nötigen Kalk für den Bau ihrer Gehäuse finden.

Gut untersucht ist die Vogelwelt durch die Tätigkeit der ortsansässigen Ornithologen. Drei Spechtarten, sechs Meisenarten, Kleiber, Waldbaumläufer, Waldlaubsänger, um nur einige Arten zu nennen, kommen hier vor.


Kleiber